Sonntag, 17. Juni 2018

Tourismusrückgang auf Sylt für 2018?


Sechs Monate ist das Tourismusjahr 2018 erst alt – doch schon jetzt zeigt sich eine klare Tendenz bei den Fremdenverkehrsvereinen: „Wir verzeichnen seit Jahresbeginn einen Buchungsrückgang. Nicht dramatisch, aber doch spürbar“, berichtet Andrea Schlichte, 1. Vorsitzende des Westerländer Fremdenverkehrsvereins (FVV). Ob sich diese Tendenz so fortsetzt, werde sich erst am Jahresende zeigen, betont sie. Im Moment würde sich allerdings ein Rückgang sowohl von Besuchern und Übernachtungen andeuten. Information für Gäste der Ferienwohnung auf Sylt Sylter Deichwiesen.
Für den Verein sei 2017 ein sehr erfolgreiches Jahr gewesen, „da macht es sich schon bemerkbar, wenn die Buchungen auf einmal rückläufig werden, wie das seit Januar der Fall ist“, so Schlichte. Verantwortlich dafür, so glaubt sie, seien unter anderem das anhaltende Chaos auf der Schiene und der frühe Ostertermin.
Der Westerländer Fremdenverkehrsverein und die Tourist Information Wenningstedt-Braderup e.V. sind die letzten beiden Fremdenverkehrsvereine der Insel – beide mit etwa 250 Mitgliedern. In den anderen Inselorten liegt das Buchungsgeschäft schon komplett bei den Tourismus-Services. Wie viele andere Vereine auf Sylt hat auch der FVV in den vergangenen Jahren Mitglieder verloren, „es hat sich jetzt aber eingependelt“, sagt die Tourismusfachwirtin. Das sei der Tradition geschuldet, glaubt sie. „Wir haben viele treue Mitglieder, die uns eng verbunden sind. Vor allem die Kleinvermieter fühlen sich bei uns gut aufgehoben.“
Dennoch müsse sich der Verein in den kommenden Jahren neu strukturieren: „Für uns steht das Vermietgeschäft nicht mehr so im Vordergrund. Das übernehmen heute die vielen Online-Portale“, meint die Vereinsvorsitzende. In Zukunft müssten sie sich dafür mehr um die Betreuung der Kleinvermieter kümmern. „Ich sehe uns da viel mehr in der Beraterfunktion. Wir müssen den Kleinvermietern auf dem großen Markt zeigen, wie sie überleben können.“
Aber nicht nur der Verein, auch die Vermieter müssten Veränderungen in Betracht ziehen. Daniela Groneberg, Mitarbeiterin im Buchungszentrum Sylt, weiß, dass vor allem die Wohnungs-Einrichtung und ihre entsprechende Präsentation zu Buchungen führt – oder eben nicht. „Manchmal ist es schwer, mit den Vermietern auf einen Nenner zu kommen“, sagt sie. Vor allem sei es schwierig, einer 70 Jahre alten Dame zu erklären, dass die Schrankwand „Eiche Rustikal“ und der Fliesenkacheltisch vor dem Sofa überholt sind. „Aber ohne eine Renovierung kommen irgendwann keine Gäste mehr nach und das Objekt lässt sich nicht mehr erfolgreich vermieten.“
Viele Vermieter müssten aber nicht nur an der Einrichtung, sondern auch an ihrer Einstellung arbeiten, sagen Groneberg und Schlichte. Das betreffe vor allem das Online-Buchungsgeschäft. „Die Entscheidung, ob ein Gast ein bestimmtes Objekt nimmt, fällt heute im Internet“, sagt Schlichte. „Von jedem Objekt gibt es zahlreiche Fotos und die Gäste haben die Möglichkeit, sich vor Buchungsabschluss genau das auszusuchen, was ihnen am besten gefällt und was zeitgemäß ist.“
Doch viele Vermieter stünden der Online-Buchbarkeit heute noch ablehnend gegenüber – sie müssten aber begreifen, dass die Gäste heutzutage im Internet buchen wollen. Und dafür sei die eigene Darstellung entscheidend. „Gute und aussagekräftige Fotos, am besten von einem Fotografen, sind dabei fast noch wichtiger als die Texte“, weiß Schlichte. Doch auch das habe sich bei vielen Vermietern noch nicht durchgesetzt. Auf manchen Fotos sei zum Beispiel das Bett unbezogen oder im Badezimmer steht der Putzeimer noch neben der Toilette. „Dabei haben wir in unserem Reservierungsprogramm so viele schöne Fotos, von denen man sich inspirieren lassen kann.“
Ein vieldiskutiertes Thema im FVV sei die Mindestvermietzeit vieler Vermieter von sieben Tagen. „Wir empfehlen häufig, dass man auch vier oder fünf Nächte vermieten sollte. Das kommt aber für einige partout nicht in Frage“, sagt Daniela Groneberg und Andrea Schlichte ergänzt, dass man den Kurzaufenthalt doch auch als Werbung sehen könne. „Wenn der Gast für drei Tage kommt und sich wohlfühlt, kommt er beim nächsten Mal vielleicht für sieben oder vierzehn Tage wieder.“ Andererseits wisse sie auch, dass die vielen Kurzübernachtungen auf der Insel ein Problem darstellen: „Wir müssen immer mehr Gäste heranholen, um unsere Übernachtungszahlen halten zu können. Und das führt dann zu den massiven An- und Abreiseproblemen“, so Schlichte. Außerdem sei dadurch generell mehr Bewegung auf der Insel, weil die Gäste in fünf Tagen alles machen wollen, was sie früher in vierzehn Tagen gemacht haben. Mehr, als eine Empfehlung für die Vermietdauer aussprechen, kann und möchte der Verein nicht. „Die Vermieter müssen sich selbst fragen, womit sie leben können“, sagt Schlichte. Wenn sie merken, dass ihre Einnahmen zurückgehen, die Vermietung aber eine wichtige Einnahmequelle ist, sollten sie sich dem Buchungsverhalten der Gäste anpassen. „Wer es sich leisten kann, kann natürlich bei dem Sieben-Tage-Modell bleiben.“

Nach SHZ

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