Die Bahn nach Sylt kommt nicht in den Tritt
Nächste Episode im Sylter Bahn-Chaos: Am Wochenende 4. und 5. März fahren nachmittags ab 14.30 Uhr bis 9 Uhr morgens keine Autozüge zwischen Westerland und Niebüll. Die Personenzüge fahren nur bis Morsum – von dort werden Busse eingesetzt. Die Sylt-Fähre ist an diesem Wochenende keine Alternative – sie liegt zur jährlichen Wartung in Esbjerg auf der Werft. Eine Absprache zwischen den Beteiligten – Fehlanzeige.
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Ein Urlauber-Ehepaar aus dem Berchtesgadener Land staunte nicht schlecht, als es seine Anreise auf die Insel Sylt vorbereiten wollte. Schon im September hatten die beiden einen Flug gebucht – mit Easyjet am 4. März aus dem benachbarten Salzburg nach Hamburg. Nach der Ankunft um 10.15 Uhr in Fuhlsbüttel sollte es von dort mit einem Mietwagen weitergehen zur Autoverladung nach Niebüll. Doch dort, so wurde den Oberbayern beschieden, müssten sie sich bis 14.05 Uhr einfinden – später würde kein Autozug mehr fahren. Das kann klappen, doch unter Druck setzen lassen möchte sich das ältere Ehepaar nicht. „Was ist, wenn das Flugzeug unpünktlich ist oder wir im Stau stehen?“ Also suchten beide im Internet nach dem Fahrplan der Sylt-Fähre – und erfuhren vom Werftaufenthalt. Vom 3. bis zum 6. März entfallen alle Abfahrten von List und Havneby.
Dabei hatte das Ehepaar schon im März letzten Jahr bei der Abreise von Sylt ein Desaster erlebt. Der Zug der Nord-Ostsee-Bahn kam mit Verspätung in Hamburg-Altona an, da war der ICE-Anschluss Richtung München schon abgefahren. Mit dem nächsten ICE kamen die beiden schließlich um 0.30 Uhr in Freilassing an – zu einer Zeit, zu der dort keine Taxen mehr fahren. „Wir hatten Glück, dass unser Nachbar uns abgeholt hat.“ Ihr Fazit: „Es ist heute nicht mehr so einfach, auf die Insel zu kommen.“
Bei den Sylter Kommunalpolitikern sorgte die Nachricht vom gleichzeitigen Ausfall der Autozüge und der Autofähre gestern für Kopfschütteln und Entsetzen. „Mehr als bedauerlich und misslich,“ nannte Bürgermeister Nikolas Häckel den Ausfall, „da ja wieder mal eine Abstimmung unserer Infrastrukturverantwortlichen nicht erfolgte.“ Er versprach, dass sich die Inselverwaltung für eine Lösung beziehungsweise Koordinierung einsetzen werde.
„Eine Nichterreichbarkeit der Insel muss verhindert werden,“ fordert Katrin Fifeik. Die Wenningstedter Bürgermeisterin bittet Martin Seemann aus der Inselverwaltung, als Koordinator tätig zu werden und mit der Bahn zu verhandeln, damit Sylt nicht komplett für Autos nicht zu erreichen ist.
Auch Bürgervorsteher Peter Schnittgard bedauerte den bevorstehenden Ausfall, der aber für dringend notwendige Qualitätsverbesserungen auf der Bahnstrecke wohl nicht zu vermeiden sei. „Wir können es uns nicht leisten, wenn unter verzögerten Bauarbeiten die Sicherheit leidet.“ Allerdings hätte Schnittgard erwartet, dass die Bahn „mal zum Telefonhörer greift und sich mit der Sylt-Fähre abstimmt.“
„Als wir unseren Fahrplan veröffentlicht haben, hatte die Bahn noch keine Einschränkung angekündigt“, sagt Birte Dettmers, Geschäftsführerin der Röm-Sylt-Linie. Die „Sylt Express“ sei jedes Jahr im März zur Überholung auf der Werft. Im März deshalb, weil vorher Eis im Fahrwasser den frischen Unterbodenanstrich beschädigen könnte und später der Saisonbetrieb beginnt.
Die Ursache für die Einschränkung im Bahnverkehr sind Weichenarbeiten im Bahnhof Keitum – die Weiche wird verschoben. „Diese Arbeiten sind notwendig für die geplante Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerks“, erläuterte die Bahn-Pressestelle. Die Inbetriebnahme des neuen Stellwerkes kurz vor der Schranke in Keitum ist im Sommer 2017 geplant. Von dort aus werden künftig alle Weichen und Signale zwischen den beiden Bahnhöfen Keitum und Morsum gestellt.
Der Autozug ab Niebüll um 15.05 Uhr und ab Westerland 15.30 Uhr seien die ersten Züge, die nicht mehr verkehren, teilte Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis gestern mit. Die stündlich fahrenden Personenzüge des Nahverkehrs zwischen Hamburg-Altona und Westerland würden ab Morsum durch Busse ersetzt, der Syltshuttle Plus fällt in der Zeit der Sperrung aus.
„Das geht eigentlich überhaupt nicht“, kommentierte Karl Max Hellner vom Verein Sylter Unternehmer. Im Ernstfall gäbe es keine Möglichkeit, mit Pkw von der Insel zu kommen – „auch eine Katastrophe“. Die Betriebspause hätte besser abgestimmt werden müssen. Hellners Forderung: „Die Bahnarbeiten müssen eine Woche verschoben werden, bis die Fähre wieder fährt.“
Und wie kommt das Ehepaar aus dem Berchtesgadener Land nun in seinen wohlverdienten Urlaub? „Wir werden den Mietwagen wohl stornieren und vom Flughafen aus mit dem Personenzug fahren,“ meinte die Ehefrau.
Quelle: Sylter Rundschau
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